Freiburger Sommervorträge SS21 10 Bezner

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  • hochgeladen 5. Juli 2021

Prof. Dr. Frank Bezner (Seminar für Griechische und Lateinische Philologie, Abtg. Lateinische Philologie des Mittelalters)
Carmina Burana – ohne Orff: eine Einladung in die Lyrik des Lateinischen Mittelalters

Wer kennt sie nicht, die ebenso imposant wie spielerisch klingenden Stücke aus Carl Orffs Carmina Burana mit ihren eingängigen Rhythmen und wirkmächtig evozierten Figuren – der Fortuna, dem prassenden Abt, den tändelnden Verliebten? Doch wer kennt im Gegensatz dazu, worauf die einflussreiche szenische Kantate des 20. Jahrhunderts gebaut ist: die im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts entstandene Liedersammlung der Carmina Burana mit ihren insgesamt mehr als zweihundert, überwiegend in lateinischer Sprache verfassten Gedichten, die Fragen provozieren: Warum inszeniert eine klerikale Elite ätzende Formen von Kirchenkritik? Wieso verfasst man erotische, sexuelles Begehren gerade nicht sublimierende Liebesgedichte zu einer Zeit, als die Forderung enthaltsamen Lebens immer stärker und umfassender kodifiziert und zum Teil eines klerikalen Habitus wird? Und warum werden literarische Rollen inszeniert, die mit ihrem imaginierten Verhalten alle nur denkbaren Tabus des Milieus brechen, in dem sie verfasst und rezipiert wurden? Diesen und anderen Fragen wie dem ‚Sitz im Leben‘ der Gedichte, ihrer literarischen Faktur, ihrer Überlieferung wird der Vortrag nachgehen; er versteht sich dabei als Einladung in die unbekannte Welt der lateinischen Lyrik des Mittelalters, in der manches anders (und vieles komplexer) ist als es ihre moderne (musikalische) Brechung suggeriert.

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Referent/in:

Prof. Dr. Frank Bezner (Seminar für Griechische und Lateinische Philologie, Abtg. Lateinische Philologie des Mittelalters)


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